Gefährliche Superfoods – wie Superfoods krank machen können
Ein Artikel von Dariusz Wiese – Autor bei Thomas Bluhm und Fitnessexperte
Du ernährst Dich schon lange von Gemüse sowie Superfoods und leidest trotzdem ständig unter Verdauungsbeschwerden?
Bist Du dauerhaft überdurchschnittlich müde, hast chronische Schmerzen oder sogar Nierensteine?
Fragst Du Dich, ob Superfoods wirklich so super sind, wie ihr Ruf?
Fakt ist: Die meisten Gemüsesorten sind echte Superfoods! Sie liefern zahlreiche wertvolle Nährstoffe, Vitamine und vor allem Ballaststoffe, die unser Körper für all seine kräftezehrenden Prozesse benötigt.
Doch manche Menschen stellen vor allem an ihrer Verdauung und dem allgemeinen Wohlbefinden fest: Vielleicht ist da noch etwas mehr.
Wenn Spinat, Süßkartoffeln, Mandeln und Co. Dir Bauchschmerzen bereiten, Du Dich danach schlecht fühlst oder sogar Nierensteine bekommst, kann es daran liegen, dass viele pflanzliche Lebensmittel Oxalat enthalten. Eine Säure, die nicht nur Unwohlsein verursachen, sondern auch die Nährstoffaufnahme aus anderen Lebensmitteln behindern kann.
Erfahre hier alles über Oxalate in Superfoods und wie diese Deine Gesundheit beeinflussen können.
Was sind Oxalate?
Oxalate sind Säuren (auch Oxalsäuren genannt), die in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln, unseren wahren Superfoods, wie beispielsweise:
- Blattgrün
- Gemüse
- Nüssen
- Obst
- Kakao und
- Samen
enthalten sind (1).
Innerhalb der Lebensmittel sind die Oxalsäuren direkt an Mineralstoffe gebunden.
Doch man findet Oxalate nicht nur in Superfoods, sondern auch in uns selber. Denn wir haben unsere eigene Oxalsäuren-Produktion innerhalb des Körpers.
Beispielsweise sind wir dazu fähig, Oxalsäure aus Vitamin C herzustellen (2).
Essen wir nun Lebensmittel, die Oxalsäure enthalten, verbinden sie sich innerhalb des Körpers mit unseren aufgenommenen Mineralstoffen, wie beispielsweise Eisen sowie Calcium und es entsteht Eisen-Oxalat bzw. Calcium-Oxalat.
Dieser Prozess findet vor allem im Darm, kann aber auch innerhalb der Nieren oder Harnwege stattfinden.
Das ist für gesunde und nicht empfindliche Menschen ein ganz normaler Vorgang und auch gar kein Problem, da der Körper diese Verbindungen mit dem Urin ausspült oder spätestens beim großen Toilettengang vernichtet (3).
Doch dieser Artikel würde nicht heißen, wie er heißt, wenn Oxalate für alle Menschen gut verträglich wären und kein Problem darstellen.
Denn tatsächlich gibt es Menschen, die sensibel auf Oxalat-Verbindungen reagieren können und sogar Nierensteine sowie weitere gesundheitliche Komplikationen riskieren, wenn sie regelmäßig viele Lebensmittel und Superfoods mit Oxalaten essen.
Oxalate und reduzierte Nährstoffaufnahme
Eine der wohl schlechtesten Eigenschaften und riskantesten Auswirkungen von Oxalat-Lebensmitteln ist, dass es sich im Verdauungstrakt mit aufgenommenen Mineralstoffen verbindet und wir diese wertvollen Nährstoffe dann nicht mehr aufnehmen können.
Das beste Beispiel ist wohl das durch Popeye bekannteste Superfood aller Superfoods: Spinat.
Spinat ist reich an Calcium sowie Oxalsäure. Problematisch: Durch die Oxalsäure können wir einen Großteil des Calciums gar nicht aufnehmen (4).
Ballaststoffe in Kombination mit Spinat bzw. oxalsäurehaltigen Lebensmitteln können diesen Effekt noch verstärken und die Nährstoffaufnahme aktiv behindern (5). Das ist fatal.
Doch es gibt auch gute Neuigkeiten: Trinkst Du eine calciumhaltige Milch, die keine Oxalsäure enthält, so wird die Calcium-Aufnahme nicht beeinflusst, auch wenn Du dazu oxalsäurehaltigen Spinat isst. Lediglich die Calciumaufnahme aus dem Spinat bleibt reduziert (6).
Dennoch: Die Oxalsäure aus Superfoods kann, aufgrund ihrer antinutritiven Eigenschaften, die Aufnahme von Calcium, Magnesium sowie Eisen reduzieren, wenn sie gleichzeitig aufgenommen werden.
Oxalate Lebensmittel
Oxalate sind in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, wie beispielsweise Gemüse, Obst, aber auch schwarzem Tee, Nüssen und einigen Samen:
- Mangold (650 mg)
- Rhabarber (460 mg)
- Weizenkleie (457 mg)
- Spinat (442 mg)
- Mandeln (431 mg)
- Kakaopulver (389 mg)
- Süßkartoffeln (280 – 570 mg)
- Cashewkerne (262 mg)
- Rote Bete (181 mg)
- Erdnüsse (96 – 705 mg)
- Schwarzer Tee – 100 ml (12 – 16 mg)
Je nach Sorte oder Alter des jeweiligen Lebensmittels, kann der Oxalsäuregehalt variieren. Auch die Position kann entscheidend sein.
So enthalten die Blätter des Rhabarbers deutlich mehr Oxalate als die Stängel und die äußere Schicht der Stängel mehr als die innere (7).
Oxalate und Nierensteine
Eigentlich ist es ganz normal, dass nach dem Essen bestimmter Lebensmittel, kleine Mengen Oxalsäure sowie Calcium in den Harnwegen zusammen vorkommen. Diese lösen sich dann nach einer Zeit auf und machen uns keine Probleme.
Doch bei manchen Menschen können sich aus dieser Kombination ganze Kristalle bilden, woraus später kleine Steinchen (Nierensteine) werden. Das passiert vor allem dann, wenn der Oxalsäuregehalt im Verhältnis zum Urinvolumen sehr hoch ist (8).
Kleine Steinchen verursachen meist noch keine Probleme, aber werden sie größer, kann das zu
- starken Schmerzen
- Blut im Urin sowie
- dauerhafter Übelkeit
führen.
Das überraschende ist: Es gibt verschiedene Nierensteinarten, doch erstaunlicherweise bestehen 80% aus Calcium-Oxalat (9).
Für Menschen, die unter Nierensteinen oder häufigen Harnwegsinfekten leiden, könnte es daher sinnvoll sein, auf die Aufnahme oxalsäurehaltiger Lebensmittel und Superfoods zu achten und ganz besonders genau hinzuschauen (10)(11).
Auch wenn das in der Hälfte der Nierensteine gefundene Calcium-Oxalat aus der körpereigenen Produktion stammt und nicht aus Lebensmitteln aufgenommen wurde, so empfehlen die meisten Urologen eine Ernährungsweise, die die Aufnahme oxalsäurehaltiger Lebensmittel sowie die Risiken somit deutlich reduziert (12)(13).
Besonders, wenn in einem Test, hohe Oxalsäure-Werte im Urin festgestellt wurden.
Weitere Probleme mit Oxalsäure
Oxalate in Superfoods stehen auch immer wieder in der Kritik, sogar Autismus fördern und unerklärliche chronische Schmerzen im Vaginalbereich (Vulvodynia) zu verursachen.
Studien, die diese Behauptungen untersuchten, konnten allerdings keine Verbindung zwischen einer regelmäßig hohen Oxalsäureaufnahme und den genannten Beschwerden nachweisen (14)(15)(16).
Diese Annahme basiert höchstwahrscheinlich auf einer Studie aus dem Jahr 1997, wobei 59 Frauen mit nachgewiesener Vulvodynia, deutliche Linderung der Schmerzen verspürten, als sie eine oxalsäurearme Diät befolgt sowie ihre Ernährung um Calciumpräparate ergänzt haben (17).
Die Forscher haben daraus allerdings die Erkenntnis gezogen, dass eine oxalsäurereiche Ernährung die Beschwerden eher verschlechtert, nicht aber der Grund dafür ist.
Oxalate reduzieren
Besonders Menschen, die sich aufgrund von Nierensteinen, oxalsäurearm ernähren sollen und möchten, erhalten meist die Empfehlung, einen Wert von 50 mg Oxalaten aus Superfoods nicht zu überschreiten.
Um Oxalate in Deiner Ernährung auf unter 50 mg täglich zu reduzieren, kannst Du:
- Oxalsäurehaltige Superfoods und Gemüse kochen. Das reduziert den Oxalsäuregehalt um 30 bis 87%, je nach Gemüsesorte (18).
- Ersetze oxalsäurehaltige Lebensmittel durch oxalsäurearme Lebensmittel (wie Sardinen, Schinken, Paprika, Spargel, Kohlrabi, Kaffee, Ei, Milch usw.)
- Decke Deinen Calciumbedarf. Da oxalsäurehaltige Lebensmittel sich in Deinem Verdauungstrakt mit Calcium verbinden und die Aufnahme verhindern, kann es sinnvoll sein, Deinen täglichen Calciumbedarf zu decken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt erwachsenen Personen zwischen 25 und 51 Jahren, auf die Aufnahme von 1000 mg pro Tag zu achten (19). Hierfür kannst Du auf besonders calciumhaltige Lebensmittel setzen, wie Milchprodukte, Käse, Joghurt, Brokkoli uvm.
- Trinke ausreichend klare Flüssigkeit. Mindestens 2,5 Liter Wasser täglich können verhindern, dass sich die Oxalsäure in Deinen Harnwegen anreichert und das Risiko für Nierensteine reduzieren.
Verdauung
Dein Mikrobiom ist so einzigartig wie die DNA. Und genau das kann Fluch und Segen zugleich sein.
Denn es gibt bestimmte Darmbakterien, die in der Lage sind, Oxalate zu spalten – noch bevor sie sich mit den wertvollen Mineralstoffen verbinden und ihre Aufnahme verhindern können.
Ein bestimmtes Bakterium mit dem Namen „Oxalabacter formigenes“, nutzt diese nämlich als Energiequelle und hilft somit dabei, den Oxalsäuregehalt im Körper nachweislich zu senken (20).
Doch jetzt kommt der Clou: Denn einige Menschen haben nicht viele dieser Bewohner in ihrem Verdauungstrakt. Beispielsweise können Antibiotikakuren dafür sorgen, diesen wertvollen Bakterienstamm in unserer Darmflora vollständig auszulöschen (21).
Und auch Menschen, die unter einem Reizdarm leiden, haben Studien zufolge ein höheres Risiko, Nierensteine zu bekommen, weil sie in der Regel leider weniger dieser Helfer in ihrer bereits gestörten Darmflora und somit einen Überschuss an Oxalsäure haben (22)(23).
Grundsätzlich scheint es einen echten Zusammenhang zwischen häufigen sowie regelmäßigen Verdauungsbeschwerden und einem hohen Oxalsäuregehalt im Körper zu geben (24).
Und das obwohl (oder weil) diese Menschen sich von vermeintlich gesunden Superfoods und viel Gemüse ernähren.
Fazit
Wenn Du Dich regelmäßig gesund ernährst, Superfoods und Gemüse fester Bestandteil Deines Speiseplans sind und Du Dich trotzdem häufig schlecht fühlst bzw. unter Verdauungsbeschwerden leidest, könnte es sein, dass diese Ernährungsform sogar dafür verantwortlich ist.
Was zuerst unglaublich klingt, liegt daran, dass viele Superfoods nicht nur wertvolle Nährstoffe, sondern auch Oxalate bzw. Oxalsäure enthalten.
Diese können die Aufnahme von Mineralstoffen, wie Calcium, Magnesium sowie Eisen verhindern, sich in den Harnwegen anreichern und sogar zu Nierensteinen führen.
Wenn man empfindlich darauf reagiert, kann es sinnvoll sein, auf eine oxalsäurearme Ernährung zu achten, den Calciumtagesbedarf zu decken und mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit zu trinken.
Glücklicherweise gibt es immer noch unzählige Superfoods und Gemüse, die nur wenig Oxalate enthalten und uns mit ihren wertvollen Nährstoffen bereichern.
Augen auf beim (Superfood-)Einkauf,
Dariusz